Für Dr. Inga Wilhelms sind Leben und Arbeit untrennbar miteinander verbunden
Das Ziel, die Medizin zum Lebensmittelpunkt zu machen, stand für die junge Frau schon immer fest. Mit fünfzehn putzte sie als Schülerpraktikantin den Kreißsaal. Das war vor gut 25 Jahren noch möglich. Und genau dort, wo Neugeborene ihren ersten Atemzug tun, begann für Dr. Inga Wilhelms etwas Kraftvolles zu wachsen: Der Wunsch, ihre Fähigkeiten voll und ganz in den Dienst der Frauenheilkunde zu stellen.
Hätte sich die Medizinerin nicht ihrem Fach, sondern dem Bergsteigen verschrieben, sie hätte sich in jedem Fall für den steilen Anstieg entschieden und nicht für einen geruhsamen Schlängelpfad.
Sie fasst die Medizin als Berufswunsch ins Auge und setzt sich über die wohlmeinenden Bedenken der Familie hinweg. Die Mutter, selbst Zahnärztin, kennt die Belastungen, die diese Aufgabe mit sich
bringt. Verständlich, dass sie sich für ihre Tochter mehr Unbeschwertheit wünscht. Doch Inga wäre nicht sie selbst, wenn sie sich aufhalten ließe.
Das Abitur stellt alle Weichen für den Wunschstudienort Leipzig. „Für mich kam nur eine heimatnahe Universität in Frage. Ich wollte das Studium zügig und gewissenhaft durchziehen. Und dafür brauchte ich auch ein zuverlässiges Refugium zum Krafttanken“, blickt sie auf die keineswegs leichten Lehrjahre zurück. Studium und praktische Ausbildung hatten immer Priorität. Das Studentenleben zu genießen, überließ sie anderen. Stattdessen lernte sie aus Büchern, aus praktischer Erfahrung und von versierten Ärzten. „Meine erste Chefin im Herzberger Krankenhaus beherrschte es perfekt, Arbeitsabläufe zu strukturieren. Sie war kompromisslos zielorientiert. Das hinterließ auch bei mir Spuren“, weiß Dr. Inga Wilhelms heute.
Für die praktische Ausbildung als Ärztin bevorzugt sie kleinere Kliniken, da durch die Breite der Einsatzfelder der große Blick auf das Fachgebiet möglich wird. So wechselt sie von Herzberg nach Torgau und findet auch dort ein tatkräftiges Team vor. Viele junge Kollegen, die darauf brennen, Verantwortung übernehmen zu dürfen. Weitere nützliche Erfahrungen sammelt die junge Ärztin 1999 in der Schweiz, wo sie das Wahltertiär des Praktischen Jahres in der Gynäkologie absolviert. 2002 dann die Promotion. „Magna cum laude“ – eine glatte Eins.
Ist damit der Berg bezwungen? Dr. Inga Wilhelms hat Zweifel: „In Anatomie geschult zu werden, bedeutet nicht, das Leben zu kennen. Es gibt viele Situationen, die mir gezeigt haben, dass ich zuerst ein guter Mensch sein muss und dann ein guter Arzt“. Sie denkt dabei an einen älteren Herrn, der an Heiligabend fragte, welcher Tag heute sei. Oder an den Vater, der seinen leblosen Sohn in die Notaufnahme trug, ohne dass es Rettung gab. „Den richtigen zwischenmenschlichen Spürsinn finden und Antworten auf die Bilder, die man abends mit ins Bett nimmt, das sind die wirklichen Prüfungen, die man bestehen muss“, ist die vierfache Mutter überzeugt. Und dieser Lernprozess hört niemals auf.
Seit nunmehr sechs Jahren ist die Gynäkologin in ihrer eigenen Praxis für Frauenheilkunde in der Herzberger Innenstadt tätig. „Der Wunsch nach Selbstständigkeit verstärkte sich in mir. Nur außerhalb der Klinik ist eine kontinuierliche vertrauensvolle Arzt-Patient-Beziehung möglich“. Im Juni 2008 bekommt die Medizinerin ihren Sitz von der Kassenärztlichen Vereinigung zugesprochen. Zu diesem Zeitpunkt sind bereits zwei ihrer Söhne geboren. Zwei weitere Buben lassen nicht lang auf sich warten. Im Hintergrund wirbelt kontinuierlich Ehemann Marcel. Er managt und coacht die sechsköpfige Familie – ein tagesfüllendes Programm.
Familienleben und Selbstständigkeit sind mit der entsprechenden Organisation durchaus förderlich miteinander zu verbinden. „Als Mutter wirke ich auf meine Patientinnen glaubhaft. Teilnahmsvoll und zugewandt widme ich mich ihnen. So entsteht Vertrauen und eine langjährige Verbundenheit, die ich sehr an meinem Beruf schätze“, offenbart die Medizinerin ihre Motivation, starker Beanspruchung im Beruf stand zu halten und nach vorn zu blicken. „Arzt sein bedeutet Mensch sein“ gibt ihr Dr. Eike Simon, Chefarzt der Gynäkologie im Klinikum Torgau, mit auf den Weg. Einen Satz, den sie nie vergessen hat.
Stephanie Kammer
Homepage der Gynäkologin
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