Am Ball bleiben, mitmachen und selbst zupacken  

Wie IT-Fachmann Frank Lehmann Arbeit, Fußball und Politik unter einen Hut bringt 

 

 

 

16 Uhr. Feierabend für ganz viele, aber nicht für den Coach. In der Nachmittagssonne tummeln sich die elf- und zwölfjährigen Junioren geordnet auf dem Spielfeld. Lockere Bewegung treibt Wärme in ihre Muskeln. Sie sind konzentriert bei der Sache: Kicken, laufen, kicken, laufen, wenden, und alles beginnt von vorn. 

Training heißt üben. Ernsthaft und ausdauernd. Frank Lehmann, seit mehr als zehn Jahren Fußball-Coach, vermittelt genau das seinen Zöglingen. Er ist bestimmend und zugewandt. Kennt jeden Grashalm auf dem Platz.

Das ist das Kontrastprogramm zu seiner täglichen Arbeit. Der studierte Wirtschaftsingenieur baut für das größte gemeinnützige Unternehmen in Süd-Brandenburg ein IT-gestütztes Dokumentationssystem auf. Das heißt, jeden Tag Büro, wenig Tageslicht und Frischluft, dafür viel Bildschirmtätigkeit. Der beste Kollege – sein PC.

„Gegen Ende des Studiums begann ich für eine Berliner Personalberatung zu arbeiten, die im Auftrag von anderen Unternehmen IT-Profis rekrutiert hat. Zu diesem Zweck habe ich mich mit vielen Firmen vertraut gemacht, Fachkräfte kontaktiert, Interviews geführt und Profile erstellt. Genau hier begann sich meine Sympathie für die IT-Branche zu entwickeln“, erinnert sich Frank Lehmann. Letzen Endes legt die Firma einen grandiosen Crash hin. Eben noch der glamouröse Empfang mit den Ranghöchsten der Berater- und Personaler-Szene und dann der Kollaps. Lehrreiche Einblicke für den jungen Mann. „Das beste Marketing hilft nichts, wenn das Produkt nicht das hält, was es verspricht. IT-Märkte sind oft Scheinwelten. Was da vor sich geht, wollte ich genauer verstehen.“

Frank Lehmann, jetzt auf Jobsuche, nimmt sich Zeit dafür. Führt Gespräche und liest. In einer Kneipe in Dresden trifft er einen Schulfreund, einen IT-Freak namens Schlumpf. Dieser vermittelt ihm eine Stelle in einem Computerservice-Unternehmen, das Arztpraxen und Behörden mit IT-Systemlösungen ausstattet. Die individuellen Anforderungen der Kunden bescheren seiner Arbeit Vielfalt. Neben technischen Prozessen beschäftigen ihn zum Beispiel Software gestützte Wirtschaftlichkeitsprüfungen, doppelte Buchführung und die Systematisierung von Liegenschaftskatastern. Immer wieder geht es um die korrekte Steuerung von Informationsflüssen – die Aufgabenstellung, die im IT-Zeitalter unabänderlich über Erfolg und Misserfolg entscheidet. „Wer hier nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit. Wer die Augen vor Neuerungen verschließt, verliert den Anschluss“, ist sich Frank Lehmann sicher.

Diese Überzeugung überträgt er auch auf den Sport. Er ist mit dem Fußball aufgewachsen. Ist immer dabei geblieben. Dahinter steht kein verbissenes Leistungsdenken, sondern eine gesunde Balance aus Spaß und dem Willen, vorankommen zu wollen. „Die Teamleistung hat Priorität vor dem Spielergebnis. Jeden Spieler solide auszubilden, ist mir wichtiger als herausragende Einzelergebnisse“, bringt der mit DFB-C-Lizenz ausgestattete Trainer seine Haltung auf den Punkt. Er schätzt ein offenes Miteinander zwischen Spielern, Eltern und Trainern. „Ich spreche ungeschminkt über den Disziplinverlust der Generation Stubenhocker und bringe Vorschläge, dagegen zu wirken. Ich sage Eltern notfalls ins Gesicht, dass der Erziehungsauftrag bei ihnen liegt und nicht ausgelagert werden kann. Läuft etwas verkehrt, muss jeder zupacken. Besserwisser am Spielfeldrand kriegen von mir die rote Karte.“ Klare Regeln also, mitmachen statt meckern. 

Das gilt auch in der Kommunalpolitik. Seit Mai 2014 ist Frank Lehmann einer von drei parteilosen Stadtverordneten in Herzberg. „Aus meinen persönlichen Interessen, meinem Beruf und der Vereinstätigkeit ergab sich eine gemeinsame Schnittmenge: Die Kommunalpolitik. Jeder Fußballer kennt das Gefühl. Irgendwann verliert die Trockenübung ihren Reiz, dann möchte man selbst spielen. So ging es mir.“ Inzwischen sitzt Frank Lehmann im Hauptausschuss und Rechnungsprüfungsausschuss der Stadt Herzberg. Zu seinem sportlichen Ehrenamt kommt eine weitere Schicht hinzu. Wie das zu schaffen ist? Mit Überzeugung. „Bis man innerhalb einer Partei an einer Stelle mit Entscheidungsbefugnissen angelangt ist, hat man sich so weit von der Basis entfernt, dass man nicht mehr weiß, was verändert werden muss. Das hat mich immer geärgert. Deshalb mitmachen und besser machen“.

Wenn es Frank Lehmann gelingt, diesen Standpunkt seinen Fußball-Schützlingen schmackhaft zu machen, dann hat er Einiges gewonnen. Ob nun der Ball im Tor landet oder nicht.

Stephanie Kammer 

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