Brauner Sumpf? In Herzberg?

Am 16. Februar spricht Sven-Felix Kellerhoff in der BücherKammer über das Buch „Mein Kampf“. Weiß der Chef des Geschichtsressorts der Zeitung Die Welt, worauf er sich eingelassen hat? Wahrscheinlich nicht. Denn er hatte sein Kommen ohne Zögern zugesagt.

 

Beim Kramen im Bücherregal fällt mir der Heimatkalender 2000 in die Hände. Auf dem Titelbild sieht man Klemmkuchen. Doch der eigentliche „Leckerbissen“ ist nicht oben drauf, sondern mittendrin zu finden. Statistikkuchen. Kleine bunte Grafiken zeigen die Ergebnisse der letzten freien Wahlen von 1932 im Kreis. Mit 56 Prozent für die NSDAP in Schönewalde, 55 Prozent in Schlieben und 42 Prozent in Herzberg steht fest: Die Region war ein ziemlich brauner Sumpf. Und „Mein Kampf“? Die Rekordauflagen wurden auch von der  hiesigen Lesefreudigkeit gestützt. Das Buch war Programm. Und das wurde umgesetzt. Und trotzdem danach Verwirrung: "Wir haben das alles nicht gewusst".

 

Gestern, am Rosenmontag, auf dem Schulweg am Wilhelm-Pieck-Ring. Ein älterer Junge zu einem syrischen Flüchtlingsmädchen: "Na, gehste als Ausländer-Tussi?" Vor einigen Wochen fragte ich meinen siebenjährigen Sohn nach der Schule. "Was machen wir heute Nachmittag?" Er: "Asyl plattfahren".

Zwischenzeitlich eine Abstimmung in der Mädchenumkleide der Sporthalle: „Wer hasst alles Mohamed, den tschetschenischen Mitschüler?“

Ich kann jedenfalls später nicht mit den Schultern zucken: "Wie hat das eigentlich angefangen?“  Und vorgeben: "Konnte ich ja nicht wissen!"

Wie gern wäre ich manchmal ahnungslos. 

Wie gern wäre ich ein wechselwarmes, gut getarntes Sumpftier und dieser Beitrag hier nur ein Unkenruf. 

 

Stephanie Kammer 

 

Sven-Felix Kellerhoff

Zehn Legenden um "Mein Kampf"

Dienstag, 16. Februar; Beginn: 19 Uhr (ausverkauft) 

BücherKammer - Torgauer Str. 21 - 04916 Herzberg (Elster)  

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