Kleinstädter-Komödie füllt Open-Air-Theater in Herzberg und karikiert witzig Provinzgeist
Ironie und Komödiantentum nicht nur für die Provinz: Theater 89 begeisterte Elbe-Elsters Theaterfans.
Doberlug/ Herzberg. Ein Stückchen „Krähwinkel“ schlummert überall auf dem Land, so auch in Doberlug, auf dem Schlossplatz oder in Herzbergs Botanischem Garten. Die vielen Sommertheaterfreude aus Elbe-Elster fühlten sich dank August von Kotzebues Komödie „Die deutschen Kleinstädter“, die am Freitag in Doberlug und am Samstag in Herzberg von der Bühne Theater 89 glänzend inszeniert wurde, auf herzerfrischende Art ertappt. Zwischen dusseliger Obrigkeitstreue, Bürokratiesucht und miefigem Spießbürgertum im Städtchen Krähwinkel erkannten die Zuschauer echtes Schauspieltalent und vor allem sich selbst.
Denn Kotzebues Stück, das gut zweihundert Jahre auf dem Buckel trägt, ist aktuell und trifft den Kern bis heute gern gelebter Kleinstadttrottelei.
Die Geschichte, die auch Theodor Fontane einst erwärmte, ist schnell erzählt: Des Bürgermeisters Tochter soll den titelschweren und selbstverliebten Inspektor-Substitut Sperling heiraten, liebt aber den unbeschwerten natürlichen Großstädter Olmers. Es folgt ein Aufschrei in Familie und Bürgerschaft mit hausgemachtem Zank und abenteuerlichen Gerüchten, was mit einer Überdosis menschlicher Unbeholfenheit gewürzt haltlose Lachanfälle im Publikum auslöste.
„Das Stück hat vor allem im zweiten Teil an Tempo gewonnen und war ein konturenscharfes Spiegelbild, das uns Landeiern die eigenen kleinen Schwächen vor Augen führt“, sagt Sandra Schurbert, die nach gut zwanzig Jahren wieder einmal im Botanischen Garten in Herzberg zu Gast war. Die aus Mahdel stammende junge Frau machte in der alten Heimat Familienurlaub und genoss das Kultur-Event vor der sommergrünen Kulisse. „Die Schauspieler haben großes Talent und steuern damit direkt die Zuschauerherzen an“, fügt sie hinzu.
Gleichsam begeistert zeigt sich Barbara Böning, die ihren Lieblingsliegestuhl mitgebracht hatte: „Die lockere Atmosphäre, das Lichtspiel des Sommerabends, ja die ganze Ungezwungenheit finde ich reizvoll. Wer sich darauf einlässt, erlebt etwas Besonderes“, meint die Herzbergerin.
So spielten die Künstler vom Theater 89 großartiges Bühnengeschehen vor Doberlugs Schloss-Silhouette und historischer Baukunst sowie in Herzbergs zwischen Gartenbänken, Seerosenteich und Picknickdecken. Sie servierten Sternstunden des Provinzgeistes und ihre kostbare, ironische Botschaft: „Der Mensch ist nichts“, dafür „die Titel lang“, „Fremde wie Raubbienen“ und wir selbst „eine ganz feine Stadt“.
Text & Fotos
Stephanie Kammer
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