"Jeder, der kann, sollte helfen"

Herzbergerin in Peking appelliert an Behörden und Mitmenschen die Veränderungen mitzutragen und zu helfen

Sandra Schurbert mit ihrer Tochter in Peking.

Herzberg/ Peking. Sandra Schurbert stammt aus Mahdel bei Herzberg. Vor Ausbruch des Corona-Virus in Deutschland berichtete sie bereits im Januar über ihre Erfahrungen in Peking während der ersten Eindämmungsmaßnahmen. Inzwischen ist in der chinesischen Hauptstadt eine leichte Entspannung zu beobachten, die Zahl der Neu-Infektionen sind rückläufig. Die Eindämmung scheint positiv gewirkt zu haben. Sandra Schurbert legt den Hiesigen in ihrer alten Heimat nahe, die notwendigen Veränderungen auf sich zu nehmen und zu helfen, wo es geht. 

 

Frau Schurbert, wie sieht es momentan in Peking in Ihrem Umfeld aus?

 

Ich würde nicht sagen, dass sich die Lage entspannt. Immer noch wird mit viel Vorsicht regiert und reagiert. Die Rückkehrer aus Europa und dem Iran beispielsweise werden sofort unter Quarantäne gestellt. Manche werden sogar in Hotels oder speziell eingerichtete Zentren für 14 Tage gesteckt. Die neuen Ansteckungen in Peking betreffen fast nur Rückkehrer oder deren Kontaktpersonen, insgesamt sind die Zahlen jedoch rückläufig.   

Sind Menschen in Ihrem Umfeld erkrankt?

 

Nein. Bisher nicht ernsthaft. Aber die meisten sind ohnehin nach Europa bei Ausbruch des Virus „geflüchtet“. Viele von ihnen wollen jetzt zurückkommen. Sie werden bei der Einreise unter Quarantäne gestellt.  

 

Wie freizügig dürfen Sie sich in Peking bewegen?

 

Das öffentliche Leben ist noch immer stark eingeschränkt. Dennoch treffen wir uns mit unseren engen Freunden. Dann aber an der frischen Luft. Wir verzichten auf Körperkontakt und Nähe. Wenn ich mit den Kindern vom Spielplatz komme, ziehen wir unsere Kleidung komplett aus, tauschen sie und reinigen gründlichst die Hände. Es gibt keinerlei Versorgungsschwierigkeiten, die Supermärkte sind gefüllt.

Die meisten haben gelernt mit der Situation umzugehen. Wir wissen, dass es nicht nur eine Art Grippe ist, sondern eine völlig neue Krankheit, die noch einige Zeit ohne Impfstoff und ohne zuverlässig wirksame Therapie auskommen muss. Deshalb die Vorsicht. Toll ist, dass es für Viele Sonderurlaub bei vollem Lohnausgleich gab. Damit geht man auf die Menschen zu und beseitigt Ängste.

 

Beschäftigt Sie auch die Situation in Deutschland? Wie geht es Ihrer Familie hier?

 

Selbstverständlich. Meine Großeltern leben in Mahdel. Ich hoffe inständig, dass die Kommunen in Elbe-Elster und Brandenburg gezielt reagieren.  Die dezentralen Entscheidungsabläufe in Deutschland verlangsamen die Reaktionen auf die Infektionswelle hier und da. Das beunruhigt mich. Schul- und Kitakinder sollten sofort zuhause bleiben, wenn es die Arbeitgeber und Eltern managen können, die Weichen dafür hat das Land Brandenburg ja gestern gestellt. Es geht nicht darum, ob man selbst eine Infektion überstehen würde, sondern ob das auch den Menschen gelingt, die man in Windeseile ansteckt. Es ist mir eine Herzensangelegenheit zu betonen, wie wichtig es ist, aus Rücksichtnahme auf die Älteren und Vorerkrankten sich selbst einzuschränken.

Ich denke täglich an meine Verwandten und Freunde zuhause. Wirtschaftliche und persönliche Nachteile können wieder aufgeholt werden. Menschenleben stehen über diesen Interessen und sind unwiederbringlich. Jeder, der kann, sollte helfen. Ich war einkaufen und habe Lebensmittel an Übergabepunkten unter Quarantäne Stehenden zukommen lassen. Wie ernst die Situation ist. muss dringend in alle Köpfe. Dann kann die Ansteckung gebremst werden.    

 

Sandra Schurbert, herzlichen Dank für das Gespräch. 

 

Mit Sandra Schurbert sprach Stephanie Kammer