BücherKammer Adventskalendertürchen Nr. 21
WÜRDIGUNG. Ich habe eine wunderschöne Szene im Kopf, die ich mit dem Mann verbinde, der mir Herzberg in der DDR verständlich gemacht hat. Es ist Gerhard Pohl, der bis zur Wende Bürgermeister der Stad war. So waren wir 2011 mit unserer Heimatkalenderpräsentation zu Gast in Züllsdorf. Die Veranstaltung war völlig aus dem Ruder gelaufen. Meine Freundin Regina Nauck, gebürtige Züllsdorferin, hatte wohl fast jeden der über 600 Züllsdorfer persönlich eingeladen. Es kamen knapp 300 davon und pressten sich in die Gaststätte „Zur Tanne“. Wir hatten eine kleine Vorführung mit „Rolandos-Chef“ Roland Krämer und seinen Zirkushunden geplant. Mit größter Mühe schoben wir dafür im Saal eine Fläche von fünf oder sechs Quadratmetern frei. Die Hundenummer ging los. Doch Roland Krämer brach ab, es hatte keinen Sinn, weil die Hunde zu viel Ablenkung hatten. Stattdessen schnappte sich der Entertainment-Profi das Mikro und hielt eine feurige spontane Rede. Wie seine Familie nach Herzberg kam. Wie viele Zirkusfamilien folgten. Wem das einzig und allein zu verdanken war: Dem ehemaligen Bürgermeister Gerhard Pohl, der sich immer ins Zeug für die Menschen hier gelegt hatte. Es setzte plötzlich ein tosender Applaus ein, der nicht aufhören wollte. Das Parkett bebte. Die Wände wackelten. Züllsdorfs Tanne bog sich und rockte. Gerhard Pohl und seine Frau saßen gerührt und tief bewegt zwischen all den begeisterten Menschen, die ihrem Altbürgermeister ein stürmisches Dankeschön mit Händen und Füßen aussprachen. Das war echt und so würdevoll!
In der Folge kam ich immer wieder mit Gerhard Pohl zusammen und redete mit ihm über seine Zeit. Der Höhepunkt seiner Jahre im Rathaus war sicher die 800-Jahrfeier Herzbergs. Bei allem ist er immer Mensch geblieben, egal welche Prüfungen sein Amt und die DDR ihm abverlangten.
Von ihm konnte ich lernen, dass es nicht darauf ankommt, was man macht, sondern wie man es macht. Selbst das Bierzapfen lag ihm so, dass er einen glänzenden Kneiper abgegeben hätte.
Wie schön, dass es Menschen wie Gerhard Pohl gibt.
Stephanie Kammer