BücherKammer Adventskalendertürchen Nr. 22
VomFroschSein. Ein Foto in schwarzweiß. Ein Mann blickt auf die Stadt. Er sieht die St.-Marien-Kirche und die katholische Kirche Fronleichnam. Das Wehrkreiskommando, heute Job-Center , ist noch nicht erfunden. Ob ihm der Anblick Trost spendet? Denkt er daran, dass er gerade dankbar ist? Dankbar dafür, das ihm das Wasser nicht bis zum Halse steht, sondern nur bis zu den Kniekehlen? Ich weiß nicht, wie andere Menschen mit Dankbarkeit umgehen. Ich für mich fühle immer sehr akut, was mir gerade fehlt: zum Beispiel ein gutes Gespräch. Ein wärmender Blick. Ein gemeinsames Lachen. Spielkameraden für meine Kinder. Albern sein bis man nach hinten umkippt. Eine halbe Stunde mal nicht an Corona denken müssen.
Das ist irgendwie stärker als Dankbarkeit, die ich immer wieder versuche auf den Plan zu rufen. Da kommt mir eine Idee: Wenn die Dankbarkeit gerade schwächelt, versuche ich es anders. Mein alter Bio-Lehrer Benedix nannte uns Schüler immer Tümpelkröten. Er betonte, das sei ein echter Ritterschlag, eine Ehre, weil Tümpelkröten Überlebenskünstler sind.
Ich denke, der Mann auf dem Foto ist auch eine waschechte Tümpelkröte. Er schwimmt einfach, auch wenn das Wasser steigt. Er schwelgt nicht in künstlicher Dankbarkeit, sondern geht in kleinen Schritten voran, egal wie matschig der Grund ist, egal wie tief er sinkt und ob das Wasser weiter steigt. So eine Tümpelkröte kann das. Und ist wahrscheinlich jeden Tag dankbar. Dass der Storch sie nicht erwischt hat! Mist, da klopft sie wieder, die Dankbarkeit. Komm rein, setz dich zu mir. Du gehörst eben doch irgendwie dazu.
Stephanie Kammer